
Keller nach einem Hochwasser trocknen: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung
Erste Schritte und Sicherheitsvorkehrungen
Bevor Sie mit der eigentlichen Arbeit beginnen, steht Ihre Sicherheit an erster Stelle. Ein überfluteter Keller birgt zahlreiche unsichtbare Gefahren. Der erste und wichtigste Schritt ist das Abschalten der Stromversorgung für den betroffenen Bereich am Hauptsicherungskasten. Wenn Sie sich unsicher sind, welche Sicherungen zum Keller gehören, schalten Sie den Hauptschalter für das gesamte Haus aus. Kontaktieren Sie einen Elektriker, um das System überprüfen zu lassen, bevor Sie den Strom wieder einschalten. Gleiches gilt für die Gasversorgung, falls sich Gasgeräte wie ein Heizkessel oder ein Warmwasserbereiter im Keller befinden. Drehen Sie den Haupthahn zu, um Lecks zu vermeiden.
Betreten Sie den Keller niemals ohne angemessene persönliche Schutzausrüstung (PSA). Dazu gehören:
- Wasserdichte Stiefel: Idealerweise hohe Gummistiefel mit Stahlkappen zum Schutz vor untergetauchten Gegenständen und elektrischen Gefahren.
- Robuste Handschuhe: Schützen Sie Ihre Hände vor kontaminiertem Wasser, scharfen Kanten und Bakterien.
- Atemschutzmaske: Eine FFP2- oder FFP3-Maske ist unerlässlich, da Hochwasser oft mit Fäkalien, Chemikalien und anderen Schadstoffen kontaminiert ist und sich schnell Schimmelsporen bilden können.
Prüfen Sie vor dem Betreten, ob offensichtliche strukturelle Schäden wie Risse in den Wänden oder der Decke sichtbar sind. Wenn Sie Bedenken hinsichtlich der Stabilität des Gebäudes haben, ziehen Sie einen Statiker hinzu, bevor Sie den Keller betreten.
Das Wasser entfernen: Methoden und Werkzeuge
Sobald der Bereich sicher ist, muss das Wasser so schnell wie möglich entfernt werden. Je länger das Wasser steht, desto größer ist der Schaden und das Risiko für Schimmelwachstum. Die Wahl der Methode hängt von der Wassermenge ab.
Pumpen und manuelle Entfernung
Bei größeren Wassermengen ist eine Tauchpumpe das Mittel der Wahl. Diese Pumpen werden direkt ins Wasser gestellt und leiten es über einen Schlauch nach draußen. Achten Sie darauf, das Wasser weit genug vom Haus wegzuleiten, damit es nicht sofort wieder ins Fundament sickert. Für kleinere Mengen oder die letzten Zentimeter Wasser eignet sich ein Nass-Trocken-Sauger hervorragend. Eimer und Schaufeln können ebenfalls hilfreich sein, sind aber bei größeren Überflutungen sehr arbeitsintensiv.
Ein wichtiger Hinweis: Wenn der Boden außerhalb des Hauses noch stark mit Wasser gesättigt ist, sollten Sie das Wasser im Keller schrittweise abpumpen. Ein zu schnelles Entfernen kann einen enormen hydrostatischen Druck auf die Kellerwände ausüben und zu Rissen oder sogar zum Einsturz führen. Pumpen Sie das Wasser in Etappen ab, um den Druck auszugleichen.
Aufräumen und Retten, was zu retten ist
Nachdem das stehende Wasser entfernt wurde, beginnt die mühsame Aufgabe des Aufräumens. Dokumentieren Sie alle Schäden sorgfältig mit Fotos oder Videos, bevor Sie Gegenstände entsorgen. Diese Dokumentation ist für die Schadensregulierung mit Ihrer Versicherung von entscheidender Bedeutung.
Entfernen Sie alle nassen Gegenstände aus dem Keller. Sortieren Sie dabei in drei Kategorien: zu entsorgen, zu retten und fraglich. Leider müssen die meisten porösen Materialien sofort entsorgt werden, da sie Wasser aufsaugen und ein idealer Nährboden für Schimmel sind. Dazu gehören:
- Teppiche und Teppichböden
- Polstermöbel und Matratzen
- Bücher und Papierdokumente
- Gipskartonplatten (Rigips) und Dämmmaterial
- Möbel aus Spanplatten
Massivholzmöbel, Metallgegenstände und Kunststoffe können oft gereinigt, desinfiziert und gerettet werden. Entfernen Sie auch durchnässte Gipskartonwände und Dämmungen großzügig. Schneiden Sie die Platten mindestens 30-50 cm über der Wasserlinie ab, da die Feuchtigkeit durch Kapillarwirkung nach oben steigt.
Reinigung und Desinfektion zur Schimmelprävention
Nach dem Entfernen des groben Schmutzes und der unrettbaren Gegenstände müssen alle verbleibenden Oberflächen gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Dies ist ein entscheidender Schritt, um Schimmelbildung zu verhindern.
Gründliche Reinigung der Oberflächen
Beginnen Sie damit, Schlamm und Ablagerungen von Wänden, Böden und anderen Oberflächen mit einer Bürste und einem starken Reinigungsmittel zu entfernen. Ein Hochdruckreiniger kann bei Betonböden und -wänden sehr effektiv sein. Spülen Sie anschließend alles gründlich mit klarem Wasser ab, um sämtliche Reinigungsmittelreste zu beseitigen.
Desinfektionsmittel richtig anwenden
Nach der Reinigung folgt die Desinfektion, um Bakterien, Viren und Schimmelsporen abzutöten. Eine bewährte und kostengünstige Lösung ist eine Mischung aus Haushaltsbleiche und Wasser (ca. 250 ml Bleiche auf 20 Liter Wasser). Tragen Sie die Lösung auf alle Oberflächen auf und lassen Sie sie mindestens 10-15 Minuten einwirken, bevor Sie sie abspülen. Wichtig: Sorgen Sie für eine hervorragende Belüftung, tragen Sie Handschuhe und eine Schutzbrille und mischen Sie Bleiche niemals mit Ammoniak oder anderen Reinigungsmitteln, da giftige Gase entstehen können.
Der entscheidende Schritt: Die Trocknung des Kellers
Die mechanische Trocknung ist der langwierigste, aber auch wichtigste Teil des Prozesses. Nur ein vollständig trockener Keller bietet Schutz vor zukünftigem Schimmelbefall und strukturellen Folgeschäden.
Luftzirkulation maximieren
Stellen Sie leistungsstarke Ventilatoren oder spezielle Bautrockner-Gebläse auf, um die Luft im gesamten Raum in Bewegung zu halten. Richten Sie die Ventilatoren auf Wände, Böden und in Ecken, um die Verdunstung von Feuchtigkeit zu beschleunigen. Wenn die Außenluft trockener und wärmer ist als die Kellerluft, können geöffnete Fenster den Prozess unterstützen. Ist die Außenluft jedoch feucht, sollten die Fenster geschlossen bleiben.
Entfeuchtung des Raumes
Ein oder mehrere leistungsstarke Luftentfeuchter sind für eine effektive Trocknung unerlässlich. Während Ventilatoren die Feuchtigkeit nur an die Luft abgeben, ziehen Entfeuchter sie aktiv aus der Luft. Mieten Sie am besten professionelle Bautrockner, da diese eine wesentlich höhere Kapazität haben als haushaltsübliche Geräte. Leeren Sie die Auffangbehälter regelmäßig oder, noch besser, verwenden Sie einen Schlauch, um das Kondenswasser direkt in einen Abfluss zu leiten. Die Kombination aus starker Luftzirkulation und kontinuierlicher Entfeuchtung ist der Schlüssel zum Erfolg.
Überwachung und Vorbereitung für den Wiederaufbau
Die Trocknung ist erst abgeschlossen, wenn die Materialien wirklich trocken sind – nicht nur an der Oberfläche. Verwenden Sie ein Feuchtigkeitsmessgerät, um den Feuchtigkeitsgehalt in Holz, Beton und Gipskarton zu überprüfen. Erst wenn die Werte im Normalbereich liegen (bei Holz unter 15 %, bei Beton und Gips unter 1 %), können Sie mit dem Wiederaufbau beginnen. Überprüfen Sie den Keller in den folgenden Wochen weiterhin auf muffige Gerüche oder sichtbare Anzeichen von Schimmel. Seien Sie geduldig; ein überstürzter Wiederaufbau auf feuchten Untergründen führt fast immer zu erneuten Problemen. Erst wenn alles nachweislich trocken ist, können Sie neue Wände einziehen, Böden verlegen und Ihren Keller wieder in einen nutzbaren Raum verwandeln.
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